Peter Altmaier wittert Shitstorm-Gefahr nach umstrittener Äußerung

Die Union ist sich bei der Gleichstellung homosexueller Paare uneins und versucht dennoch im öffentlchen Bild geschlossene Reihen zu demonstrieren. Bereits vor einigen Wochen preschte der geschäftsführende Generalsekretär der CSU, Alexander Dobrindt, vor und bezeichnete gleichgeschlechtliche Paare als eine „schrille Minderheit“. Eine Äußerung, die bundesweit Empörung hervorrief. Nun legte Bundesumweltminister Peter Altmaier (CDU) nach und sprach im Interview mit der „Welt“ von „schrillen Einzelgruppen“. Auf Twitter stellt er klar: Gemeint seien parteiinterne Lagerkämpfe.

 

Nach Veröffentlichung des Altmaier-Interviews mit der „Welt“ bebte es im Netz. Der Artikel wurde vielfach über die sozialen Netzwerke geteilt und auf diesem Wege in Windeseie verbreitet. Stein des Anstoßes: Auf den anstehenden Bundestagswahlkampf angesprochen, nimmt der Bundesumweltminister auf die Interessen der „Lager- und Stammwähler“ Bezug und warnt davor, „schrillem Einzelgruppen hinterherzulaufen“. Sprachlich nimmt sich der Minister damit einem Terminus an, mit dem bereits der geschäftsführende Generalsekretär der CSU, Alexander Dobrindt, bereits vor einigen Wochen angeeckt ist.

Einer der Ersten, die auf die Äußerung des Bundesumweltministers reagierten war Volker Beck, erster Parlamentarischer Geschäftsführer und menschenrechtspolitischer Sprecher der Bundestagsfraktion der Grünen. Auch außerhalb des Mikroblogs macht sich Beck immer wieder für die rechtliche Gleichstellung homosexueller Paare stark – auch im Ausland.

 

 

Schon kurz darauf war auf Twitter eine mehrere Tweets umfassende Richtigstellung von Peter Altmaier zu lesen. Darin äußert er zudem die Besorgnis, dass seiner Äußerung nun ein Shitstorm folgen könnte, wie er seinerzeit auf die Aussagen von Alexander Dobrindt.

 

 

 

 

Die Sprengkraft seiner Worte hat der Minister erkannt und ist nun bemüht, sie zu relativieren. Es sei der Kampf der Lager innerhalb der Schwesterparteien gemeint gewesen, welche die Union im Bundestagswahljahr bisweilen zu zerreiben droht. Parallenen zu den Ausfällen von Dobrindt weist Altmaier zurück. Die Konsequenzen sind ihm offenbar bekannt und sie scheinen ihn tatsächlich zu besorgen.

 

Es ist vergleichsweise neu, dass ein Bundestagsabgeordneter im Zuge der „digitalen Krisenkommunikation“ nach vorn prescht und in einem Medium wie Twitter, welches aufgrund seines Unfangs und durch seine zeitlichen Dimensionen kompliziert zu steuern ist, den Versuch der Schadensbegrenzung unternimmt. Doch ist es wirklich die Angst vor einem Shitstorm, die ihn umtreibt und den er – nach der Pleite mit der geplanten Strompreisbremse vor wenigen Tagen – kaum gebrauchen kann? Von dem Umweltminister weiß man, dass er persönlich twittert. Der Entschluss zum „Angriff von vorn“ dürfte also seine eigene Entscheidung gewesen sein.

 

 

 

Bislang scheint diese Taktik mit Erfolg belohnt zu werden: Der Shitstorm blieb aus und bis auf einige kritische bis bissige Kommentare im Netz, konnte der Minister seine Äußerungen bislang recht unbeschadet verteidigen. Ein Indiz könnte sein, dass das Interview bislang noch nicht mit einem entsprechenden (populären) Hashtag bei Twitter versehen wurde – einem ersten Anzeichen dafür, dass sich in der Netzgemeinde etwas zusammenbraut.

 

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„Wir sind gleich!“ – Das Logo der Human Rights Campaign ersetzt zur Zeit viele Profilbilder im Social Web

Ob es dabei bleibt, wird sich in den nächsten Tagen abzeichnen. Auch die #Aufschrei-Debatte nach den heftig kritisierten Äußerungen des FDP-Bundestagsfraktionsvorsitzenden Rainer Brüderle gegenüber einer stern-Journalistin benötigte einige Anlaufzeit. Ob Altmaiers Äußerungen ähnliche Wellen schlagen werden, lässt sich derzeit noch nicht absehen, wohl aber, dass diese zu einer denkbar ungünstigen Zeit kommen. Gerade in den letzten Wochen hat sich innerhalb der Netzgemeinde (international) großer Widerstand gegen die rechtliche Ungleichbehandlung von gleichgeschlechtlichen Paaren formiert. Zahlreiche User im Social Web haben ihre Profilbilder durch das Logo der Human Rights Campaign ersetzt, halten die Debatte lebendig und erschließen auf diesem Weg fortwährend neue Öffentlichkeiten.

 

Es ist also möglich, dass die Altmaier-Debatte Twitter-intern beendet wird. Möglich ist aber auch, dass seine Äußerung zu einem ressortfremden Themenbereich den Weg hinaus in die anderen sozialen Netzwerke findet und über sie in mediale Diskussion gelangt. Und genau dies dürfte dem Minister aktuell wohl das größte Kopfzerbrechen bereiten.

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